Textbeispiele » Erstes Kapitel aus Emmerich

Hallo zusammen!

Wir haben unser erstes Kapitel beendet und würden uns über Feedback sehr freuen :)

Mit freundlichen Grüßen,

Loreen, Patrycja, Sinan, Melvin, Nick, Annika, Kami und Frau Schwack

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Kapitel 1

 

Mit einem lauten Seufzen ließ sich Allin auf der staubigen, unbefestigten Straße nieder. Heute war mal wieder ein Tag, an dem die Sonne ohne Erbarmen auf die Stadt Emmerichs hinab schien. Die Luft war staubig, der Boden trocken und Allin stellte sich wieder einmal die Frage, ob die Bauern eine gute Ernte haben würden. Den Gedanken verwerfend, schüttelte sie den Kopf. Sie hatte ihre eigenen Probleme, um die sie sich sorgen sollte. Beispielsweise wurde das Geld für sie und ihren Vater mal wieder knapp. Deshalb musste sich Allin heute besonders viel Mühe geben, das Schweinefleisch zu verkaufen. Sie verstand zwar nicht ganz so viel vom Hansetag wie ihr Vater es tat, als ehemaliger Händler, doch sie hoffte einfach, dass ein paar Tavernenwirte sich um das Fleisch schlagen würden. Allin wischte sich den Schweiß von der Stirn und die schwarzen Haare aus dem Gesicht. Ihre dicken Haare mochten ihre Augen zwar von der stechenden Sonne abschirmen, doch die einzelnen Strähnen stachen ihr jedes Mal auf‘s Neue in ihr rechtes Auge. Sie erinnerte sich noch ganz deutlich an die prächtige Zeit, in der ihr Vater noch Kaufmann war. Oft brachte er ihr kleine Geschenke aus den Städten, in denen er handelte, mit. Sie war noch ein kleines Mädchen als er ihr die Geschichten seiner Reisen erzählte. Lange waren diese unbekümmerten, goldenen Tage nun schon vorbei. Ihre Kleider und der Schmuck, den sie in einem kleinen Kästchen unter ihrem Bett aufbewahrt hatte, musste sie schweren Herzens abgeben. Alles was sich irgendwie verkaufen ließ, hatte ihr Vater eines Tages genommen, um an Geld zu gelangen, das an allen Ecken und Kanten fehlte. Allin wusste nie, was der plötzliche Grund war, dass ihr Vater so gestresst nach Hause kam. Doch letztlich ging sie davon aus, dass der Alkohol, mit welchem er eigentlich gehandelt hatte, wohl zu verführend für ihn gewesen sein muss. Nach einer langen Diskussion zwischen Allin und ihrem Vater hatte sie ihn dazu überreden können, ihm bei seinem neuen Job als Knochenhauer aushelfen zu können. Doch als junge Frau kam man in dieser Gesellschaft nicht weit. Wäre ihr Vater nicht so gütig mit ihr gewesen, wäre sie jetzt schon verheiratet. Um diesem klischeehaften Denken entgegenzuwirken, entschloss sich Allin ihre langen, dicken Locken abzuschneiden. Beim Gedanken daran, erinnerte sie sich an die salzige Meeresluft, welche ihre wallenden Haare zum Fliegen brachten und an die schmerzvollen Knoten, die ihre Mutter beinahe täglich aus ihren Haaren kämmte. Sie zog sich die alten, abgetragenen Hosen und Hemden ihres Vaters über, begab sich zur nächsten Pfütze und übte in dieser den ernsten Blick eines Mannes bis sie einen fand, der überzeugend schien. Niemand durfte erfahren, wer sich hinter dieser Maske versteckte. Mit ihren müden Knochen raufte sie sich auf und machte sich auf den Weg zum Emmericher Marktplatz. Ihr zögerlicher Blick schweifte auf das Geschehen, das sich vor ihren Augen ereignete. Sie zwängte sich durch die Menschenmasse an den unterschiedlichsten Personen vorbei und beobachtete dabei Stoffhändler, die ihre Stoffballen scheinbar nach Qualität zu sortieren schienen und Fischer, die ihre Fänger untereinander vergleichen und anpriesen. Die Geräuschkulisse war mit kaum einem anderen vorherigen Ereignis zu vergleichen. Während sich die Menschen unterhielten, stießen sie Allin, die sie zu übersehen schienen, immer wieder an. Sich durch die Menschenmasse drängend, gelang Allin an den Marktständen an. Zwischen zwei dieser Stände vernahm sie eine lautstarke Diskussion zwischen einem Händler und einem möglichen Kunden und blieb gespannt stehen. Worüber die Männer sprachen, konnte sie nicht verstehen, da immer wieder Menschen an ihr vorbei liefen und sich unterhielten. Als einer der Männer in ihre Richtung blickte und ihre Anwesenheit bemerkte, stellte er das Gespräch abrupt ein, zog einen Beutel aus der Manteltasche und übergab diesen der zweiten Person. Kurz darauf drängte sich der Mantelträger wortlos und Allin ignorierend an ihr vorbei und verschwand in der Menschenmenge. Allin schaute dem Mann verwirrt hinterher bevor ihr Blick zurück zu dem anderen Mann schweifte. Dieser starrte dem Mantelträger auch noch immer hinterher bis er bemerkte, dass ihn ein Augenpaar beobachtete. Nach kurzem Zögern versuchte er verzweifelt den Beutel, welcher sich durch seine grobe Handhabung leicht öffnete, in seiner Hosentasche verschwinden zu lassen. Dabei bemerkte er nicht, dass etwas aus dem Beutel direkt auf den Boden des Markplatzes fiel. Nichtsahnend eilte er hastig ebenfalls durch die Menschenmenge zur anderen Seite des Marktplatzes. Allin war der Verlust des Beutels Inhaltes nicht entgangen. Was war es, das der Mann dort verloren hatte? Ein kurzer Blick in die nähere Umgebung der sicherstellte, dass sie unbeobachtet war und schon eilte Allin schnellen Schrittes zum Ort des Geschehens. Auf dem Boden befand sich ein gelbliches Kärtchen, von dem sie annahm, dass dies zu dem Inhalts des Beutels gehören müsste. In der Mitte befand sich ein Siegel aus Kerzenwachs, in welchem die Initialen G.D. eingraviert wurden. Wofür stand dieses Kärtchen und warum hatten die beiden Männer sich gestritten?Mit dem Vorhaben herausfinden zu wollen, was es mit der Karte auf sich hatte, entschloss sich Allin diese aufzuheben und in ihrer Hemdtasche zu verstauen. Daraufhin machte sie sich auf den Weg zum Stand ihres Vaters. Dieser wartete schon ungeduldig auf sie und stemmte die Holzmasten auf. Erst auf den zweiten Blick erkannte er seine Tochter, deren kurze Haare ihre männlichen Züge hervorgehoben. Erschrocken, jedoch auch gestresst, fuhr er mit dem Aufbau seines Standes fort. Allin wandte sich den Kisten zu und fing an das Schweinefleisch und diverse andere Fleischsorten für die Käufer und Käuferinnen herzurichten. Ihre Gedanken blieben jedoch bei dem gefundenen Kärtchen. Sie spürte ein Verlangen darüber zu reden, entschloss sich allerdings diesem nicht nachzukommen. Schon bald kamen die ersten Interessenten für die Ware.

Liebe Emmericher "Hanseaten"ˋ
wir haben euer erstes Kapitel sehr gern gelesen. Es weckt Spannung und wir freuen uns schon darauf, weiterzulesen.
Schön sind eure detailgetreuen und bildhaften Formulierungen.
Es wirkte schon fast professionell.
Liebe Grüße
Die Lübecker Hanseaten